Soll der Buchhandel doch sterben. Oder: Verkaufen in digitalen Zeiten

Soll der Buchhandel doch sterben. Oder: Verkaufen in digitalen Zeiten

Ich liebe Buchhandlungen. Ich kann stundenlang in Büchern blättern, hineinlesen, dazu Kaffee trinken, mit der Buchhändlerin meines Vertrauens über Krimis und Thriller fachsimpeln.

Praktischerweise hab ich eine famose Buchhandlung in meinem Viertel. Dort verbringe ich ganze Tage. Meine Buchhändlerin kennt mich: Sie weiß, dass es für mich gar nicht spannend und blutrünstig genug sein kann, ein schlechter Stil mich aber graust. Sie informiert mich, wenn ein neues Buch meiner Lieblingsautorin erscheint, und sollte ich es mit dem Abholen mal nicht bis zum Ladenschluss schaffen, hinterlegt sie es beim Büdchen an der Ecke. Sie weiß mir zu helfen, wenn ich meine Lesebrille vergessen habe. Sie hat immer ein Glas Wasser zur Hand, wenn ich nach langen Einkäufen mit trockener Kehle bei ihr vorbeischaue. Manchmal stoßen wir sogar mit einem Glas Sekt an. Kaffee bekomme ich sowieso, sobald ich mich in einen der gemütlichen Lesesessel fallen lasse.


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Nein, der Buchhandel soll nicht sterben.

Aber dazu muss er auch im großen Stil lebendig bleiben – und sich mehr darum bemühen, mit den digitalen Riesenschritten von Amazon mitzuhalten. Einzelne Buchhandlungen machen da einen guten Job, wie eine Stichprobe zeigt: Ihre Webseiten sind nicht unbedingt „State of the art“, aber sie sind aktuell gehalten und bieten alle Serviceinformationen auf einen Blick. Sogar Kanäle wie Facebook sind eingebunden.

Ganz anders sieht das auf einer Seite wie buchhandel.de aus. Sie will die Vertriebsplattform des deutschen Buchhandels sein, schafft es aber nicht, die intellektuelle Lebendigkeit einer Buchhandlung ins Netz zu transferieren.

Ach, was sage ich, zu potenzieren!

Zwar finden sich auf der Seite Profile der Buchhandlungen und Empfehlungen der Buchhändler. Aber warum gibt es das nicht in modern und schön? Warum werden die Leser nicht viel mehr eingebunden? Warum bleiben Social Media außen vor? Warum ist die Seite nicht so programmiert, dass ich als Kundin Empfehlungen bekomme? Amazon ist dabei nur scheinbar das große Vorbild. Meine Buchhändlerin lieferte mir schon heiße Buchtipps, als es den Onlinehandelsgiganten noch gar nicht gab.

Gerade im Netz läge jetzt doch die Chance: Der Buchhandel in Deutschland ist ja im Vertrieb bereits fantastisch aufgestellt: Innerhalb eines Tages liefert der Großhandel die Bücher aus, vor Ort arbeiten engagierte Menschen. Wenn sich jetzt noch alle Buchhandlungen zusammentäten und dabei den Großhandel mit ins Boot holten, müsste das doch zu schaffen sein mit der Transformation.

Cover: Per Netzwerk zum Job

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Buchhandel. Bild: luxuz::./photocase.de

4 Kommentare

  • Hallo Ute,
    bei uns auf dem Land???
    Wüselen ist Stadt. :-)
    Auch ich liebte den Einzelhandel, als es ihn noch gab. Es sei, man zählt Frisöre, Bäckereien, Nagelstudios Handyläden und Pommesbuden zum Einzelhandel.
    Entschuldige, wenn sich mein strategischer Zynismus Bahn gebrochen hat.
    Gruß nach Köln
    Rolf
  • Hey Rolf,

    dann ist es richtig schade, dass sich niemand Cleveres gefunden hat, der dem gelben A eine gute Ergänzung ist. Denn die meisten Leute kaufen ja nicht "ideologisch", sondern so, wie es für sie schön und bequem ist. Vielleicht ist bestellen beim A bequem, aber in der Regel nicht so schön wie in einem gemütlichen Buchladen zu stöbern und richtig gut beraten zu werden! Und manchmal braucht es dann eben auch online, weil eben bestimmte Bücher nur noch antiquarisch oder international zu bekommen sind.
    In diesem Sinne, Ute
  • Sehr geehrte Frau Blindert,

    ja! Soll der lokale Buchhandel doch sterben. Er ist doch schon längst tot.
    Die meisten "Buchhandlungen" halten sich seit Jahren nur noch durch den Vertrieb von überteuertem Pseudo-Kunsthandwerk, Postkarten, Stofftieren, Einrichtungsgegenständen, Duftkerzen, Essigen und Ölen, Tee usw. über Wasser. Vielleicht noch ein Hemes-Shop und eine Lotto-Annahnme.
    Ich wohne in 52146 Würselen. Hier gibt keine richtige Buchhandlung mehr. Es gibt so etwas ähnliches...
    Warum sollte ich nach Aachen fahren und dort ein Buch bestellen? Vorrätig ist ja (wegen Platzmangel)
    kaum noch ein Titel.
    Zwei mal Gebühren für das Parkhaus, Zeitaufwand, mich durch die verghettoisierte Aachener Innenstadt quälen...
    Für mich ist das "böse A aus Seattle" ein Segen.
    Die Online-Shops der lokalen "Buchhandlungen" sind für mich keine Alternative.

    Nein, ich bin nicht verbittert. Ich verkaufe meine Bücher über Amazon. Schnell, unkompliziert und professionell.
    Lokale "Buchhandlungen" haben meine Bücher natürlich nicht vorrätig, Sie weigern sich zudem, Einzelbestellungen entgegenzunehmen. Deshalb bin ich gezwungen, Interessierte an AMAZON zu verweisen. (Ausgebildete Buchhändler findet man dort kaum noch). Das Angebot in den "Buchhandlungen" beschränkt sich auf die Vorgaben der Barsortimenter. Und jede Menge "Kitsch"...

    Natürlich bin ich mit Gratis-Exemplaren meiner Bücher in den umliegenden noch existierenden "Buchhandlungen" vorstellig geworden. Man nahm die Exemplare gerne entgegen, erzählten von Lesungen und "Themen-Abenden". Dabei blieb es.
    Nicht einmal war man bereit, meine Bücher für einen kurzen Zeitraum in die Schaufenster auszulegen. Es war in der Osterwoche: Die Schaufenster der "Buchgeschäfte" waren mit Stoffhasen, Plastikeiern und Oster-Schokolade überfüllt.

    Der lokale Buchhandel? Der begeht aktuell einen kollektiven Suizid.
    Es liegt nicht an AMAZON!
    Denken wir zurück: Vermochten es Neckermann, Quelle etc. dem deutschen Einzelhandel zu schaden? Das Gegenteil war der Fall.
    Der lokale Buchhandel legt Ignoranz, Arroganz und Sach-Unkenntnis an den Tag.

    Soll der Buchhandel doch sterben...?
    Von mir aus.



  • Hey Rolf,

    hm, ich hatte schon etwas Schwierigkeiten, den Kommentar freizuschalten. Warum? Weil ich den örtlichen Buchhandel liebe und wir in Köln natürlich wunderbare Beispiele für engagierte, kluge, geschäftstüchtige Buchhändler*innen haben, die dem gelben Riesen aber mal locker das Wasser reichen können.
    Das kann natürlich auf dem Land anders aussehen und das ist richtig schade.
    Was ich aber wichtig finde, ist, sich als Einzelhandel nicht auf vergangenen Lorbeeren auszuruhen oder auf A**** und die anderen zu schimpfen, sondern kluge, witzige, den Kunden abholende Konzepte zu entwickeln und ihn dadurch an sich zu binden.
    In diesem Sinne, gute Verkäufe, wo auch immer, Ute

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