Vor einiger Zeit ging das Unternehmen Otto an die Öffentlichkeit und stellte sein Konzept der "Corporate Influencer" vor. Es gab einen Aufschrei: "Influencer?!" Das sind doch die mit den vielen Selfies auf Instagram. Dabei legte das Unternehmen ein gut durchdachtes Programm zur Personalgewinnung vor, bei dem Mitarbeiter*innen aus verschiedenen Abteilungen fit gemacht werden, um potenziell interessierte Bewerber*innen nicht nur anzusprechen, sondern auch im Gespräch zu bleiben. In dieser Folge geht es darum, warum es für Unternehmen wichtig ist, sich systematisch und strategisch mit ihren Netzwerken auseinander zu setzen und gezielt Fürsprecher, Kuratoren, Markenbotschafter, Ambassadoren oder eben auch Influencer einzusetzen.
Wie kommt es zu dieser Annahme? Netzwerken bedeutet für Unternehmen keine neue Erfindung - und auch Netzwerker sind natürlich in Unternehmen überhaupt nichts Neues. Allein wenn man sich mal überlegt, dass Sales-Mitarbeiter oder solche aus dem Bereich Marketing oder Public Relations natürlich in ihrem Job von Natur aus Netzwerkerinnen sein müssen.
In letzter Zeit hat sich der Fokus aber dahin verlagert zu sagen: Wie können wir diese Idee systematisch und geplant angehen. Denn durch den digitalen Wandel ändern sich auch unsere Unternehmensstrukturen weg von Hierarchie-Silos hin zu vernetztem Denken.
Ein weiterer Faktor, der mit zum Wandel beiträgt, ist die Demografie. In vielen Unternehmen gibt es die Herausforderung, für bestimmte Jobs die richtigen Menschen zu finden. Dabei geht es nicht einmal um den viel beschworenen Fachkräftemangel, sondern einfach die Herausforderung, die richtigen Menschen zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu finden. Mit einer guten Personalkommunikation lässt sich das zum Beispiel erreichen.
Lange Zeit war es so, dass die Ansprache von potenziellen Bewerbern folgendermaßen lief: Man schaltete eine Anzeige, zack! und dann bewarben sich viele Menschen und das Unternehmen hatte die Qual der Wahl.
Das hat sich verändert.
Heute funktioniert dieses One-to-many nicht mehr. Stattdessen sprechen wir heute von einer Many-to-many-Kommunikation. So mag zwar heute ein Unternehmen immer noch seine Stellen online stellen - und auf Bewerbungen warten. Gleichzeitig kann es diese aber auch weiterverteilen oder Interessenten erzählen anderen davon, teilen diese, kommentieren, stellen Fragen. Es findet also immer noch Kommunikation statt, nur ist diese wesentlich vernetzter und auch öffentlicher.
Für diese Art von Kommunikation braucht es einen neuen Typus von Menschen: Fürsprecherinnen, Kuratoren, Markenbotschafter oder auch Ambassadoren. Auch der Begriff "Corporate Influencer" wird gern verwendet.
Zu Beginn steht erst einmal die Frage: Wer könnte denn überhaupt ein solcher Fürsprecher sein? Dazu ist es zunächst notwendig zu definieren:
Eigentlich hat jedes Unternehmen solche Influencer oder Fürsprecher in seinen Reihen. Das Neue bei Otto ist, dass sie ganz bewusst hingehen und diese identifizieren, sie unterstützen und den gesamten Prozess selbst zu steuern statt gesteuert zu werden.
Zu sagen, wir wollen die Kommunikation lieber selbst steuern statt gesteuert zu werden, ist ein wichtiger Ansatz. Ganz bewusst zu sagen, wir wollen den Dialog statt sich einen Monolog einzubilden. Und natürlich auch das Potenzial der eigenen Fachkräfte zu nutzen, die zum Beispiel als Informatikerin ganz anders über Fachthemen sprechen können als Personalerinnen.
Eines der wichtigsten Zitate in diesem Bereich statt bereits aus dem Jahr 1999: „Wir sind keine Zielgruppen oder Endnutzer oder Konsumenten, wir sind Menschen.“ Es stammt aus dem Cluetrain Manifest und zeigt, was in der Kommunikation oft so falsch verstanden wird: Unternehmen können nicht netzwerken. Menschen netzwerken mit Menschen.
Dazu einmal ein paar Beispiele:
Ulf Reichardt, Geschäftsführer der IHK Köln, zeigt auf seinem persönlichen Profil klare Kante. Das gibt auch schon mal Diskussionen, bringt einem aber auch die Arbeit der IHK näher:Im Personalmarketing frage ich mich zum Beispiel oft, warum so wenige Recruiter ihre Profile bei Xing, LinkedIn oder Facebook dafür nutzen, darüber Menschen anzusprechen, so wie das zum Beispiel diese IT-Unternehmensberatung macht:
Vielleicht muss nicht in jedem Unternehmen ein Prozess aufgesetzt werden. Aber es ließe sich schauen, ob es nicht Menschen im Unternehmen gibt, die begeistert von ihrer Arbeit sind und auch gern darüber erzählen. Diese könnte man ermutigen und sie unterstützen. Unterstützung kann auch bedeuten, einmal Wert zu schätzen, was diese jeden Tag im Gespräch leisten. Auch eine einfache Frage wie "Was brauchst du?", würde sicher weiteres Potenzial frei setzen.
Bild: Marie Maerz/photocase.de
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